Schwarze Berge, blaue Pfeile, Doppeladler

Schwarze Berge, blaue Pfeile, Doppeladler

25. Oktober 2023 6 Von Andreas

Von unserem Campingplatz etwas südlich von Dubrovnik fahren wir etwa einen halben Tag bis wir in Montenegro sind. Zunächst führt uns die Euroveloroute durch ein Tal, das wohl viel für Weinanbau genutzt wird, zumindest gibt es einige Weingüter. Aber wir lassen uns nicht ablenken. Natürlich geht es wieder Bergauf, dann finden wir uns an einer schönen, wenig befahrenen Küstenstraße wieder die uns unweigerlich zur Grenze leitet. An der Grenze wird uns bewusst, dass wir nun wieder die EU verlassen. Nach etwa einem KIlometer im Niemandsland erreichen wir den montenegrinischen Grenzposten. Ohne Probleme und Wartezeit werden wir abgefertigt. Es ist aber auch schnell deutlich, dass Montenegro weniger Geldmittel hat, so steht zwar ein Polizeiauto direkt bei der Grenze, es ist aber deutlich, dass es schon lange nicht mehr bewegt wurde, so eingewachsen, wie es war.

Bergab geht es nun in die Bucht und in einen sehr touristischen Teil Montenegros. Wie an anderen solchen Orten säumt ein Café und ein Hotel das nächste. Zumindest bekommen wir hier auch guten Kaffee und wir können unsere in Kroatien erlernten Sprachbrocken auch hier anwenden.

Bald finden wir einen Zeltplatz, der wohl in der Saison auch Dauercamper beherbergt. Die Wohnwägen sind nun aber schon winterfest gemacht. Hauptsächlich Deutsche mit Wohnmobilen sind auf dem Platz, mit unserem Zelt sind wir etwas deplatziert, aber für eine Nacht geht das. Kotor ist nicht mehr weit, auf Empfehlung vom Campingplatz nehmen wir eine Fähre über die Bucht, oder den Fjord, denn so wird die Bucht auch gerne beschrieben. Das Panorama auf dem Weg nach Kotor ist beeindruckend. Als wir der Stadt näher kommen sehen wir drei Kreuzfahrtschiffe, die sich dort drängeln und ihre Abgase in die Luft pusten. Entsprechend voll ist die Altstadt. Wir fahren weiter bergan zu unserer festen Unterkunft mit schönem Blick auf die Bucht.

Früh beginnen wir mit unserem Anstieg über die berüchtigten Serpentinen von Kotor. Zumindest bei Radreisenden sind sie berüchtigt, etwa 32 Serpentinen führen auf eine Höhe von 1100 Meter und das in knapp 20 Kilometern. Immer wieder müssen wir anhalten, damit Tourbusse der nächsten drei Kreuzfahrtschiffe an uns vorbeifahren können. In einem ersten Café schon fast ganz oben wollen wir uns einen Espresso gönnen, erfahren aber, dass nur die Gäste der Tourbusse bewirtet werden. Weiter geht es also und wir finden ein nettes Café, wo wir nicht nur einen Espresso, sondern auch noch ein Omelett bekommen. Dort sitzen auch weitere Radreisende, ein niederländisches Pärchen und ein niederländischer Einzelreisender. Die drei unterhalten sich ganz angeregt, also mischen wir uns nicht weiter ein. Als sie losgehen wechseln wir noch ein paar Worte. Das Pärchen fährt noch durch einen Nationalpark, der sehr nah ist, aber auch 400 zusätzliche Höhenmeter bedeutet. Wir sind ausgeruht und übermütig, deswegen wählen wir auch diese Strecke, als wir dann aufbrechen. Eine sehr neue Straße führt hoch, es gibt nur wenig Verkehr, aber es ist auch recht Steil. Dafür bekommen wir schöne Aussichten, wenn auch nur teilweise auf die Bucht von Kotor, da sie inzwischen weitestgehend unter den Wolken verborgen ist. Die Abfahrt nach Cetinje lässt uns durch wunderschöne alte Wälder rollen, die sich schon herbstlich färben.

Am frühen Nachmittag erreichen wir Cetinje, die alte Hauptstadt Montenegros und das kulturelle Zentrum des Landes. Das Kloster, die alten Botschaften dort und die Innenstadt besichtigen wir natürlich. Länger wollen wir aber dann doch nicht bleiben, also geht es am nächsten Tag weiter zum Skadarsee (er wird auch Skutarisee genannt), dem größten See des Balkans. Ein Stück weit folgen wir dem Fluss Crnojevica. In Rijeka Crnojevica machen wir einen kurzen halt und gehen über die alte Brücke. Während ich die Zwergtaucher und Zwergkormorane bewundere bemerkt Silke hoch oben einige Steinadler, die ich dank ihr dann auch beobachten kann.

Bei Virpazar am Skadarsee finden wir einen sehr netten kleinen Zeltplatz im Sunny Hills Kamp. Unter ihren Obstbäumen bietet die Bauernfamilie einige Zeltplätze an. Dort treffen wir auch das niederländische Pärchen wieder und unterhalten uns, tauschen Tipps, Erfahrungen und Pläne aus. Sie fahren am nächsten Tag weiter, wir wollen eine Bootsfahrt auf dem See machen.

Anstatt einer Fahrt mit einem Motorboot mieten wir uns kurzentschlossen ein Doppel-Kajak. Damit paddeln wir ins Vogelschutzgebiet und in Kanäle, die für Motorboote zu flach sind. Wir sehen sehr viele Eisvögel, die wie blaue Pfeile kreuz und quer über das Wasser flitzen. Auch einer der wenigen Pelikane fliegt über uns hinweg, ob es ein Krauskopfpelikan war, können wir aber nicht erkennen.

Von Virpazar geht es dann für uns weiter Richtung Süden immer entlang des Sees. Ein Hund begleitet uns, Bergauf ist er viel schneller als wir. Immer wieder wartet er auf uns. Sicherlich über 10 Kilometer läuft er mit. Leider haben wir nichts angemessenes, womit wir ihn füttern können und so trollt er sich dann doch wieder und macht sich auf seinen langen Heimweg. Wir sind derweil im albanischen Teil Montenegros angekommen, das erschließt sich uns anhand der zunehmenden albanischen Flaggen und den zweisprachigen Straßenschildern.

Wir kämpfen uns einen letzten Anstieg auf 480 Meter hoch. Auf diesem Bergrücken sind wir keine 300 m von der albanischen Grenze entfernt. Leider gibt es hier keinen Grenzübergang, so müssen wir noch 16 Kilometer weiter fahren, bis wir endlich an den Grenzübergang kommen. Und der ist voll, viele Autos warten dort auf die Einreise und es scheint eher langsam zu gehen. Mit den Fahrrädern schlängeln wir uns nach vorne und nutzen den Übergang für Fußgänger. Problemlos werden wir abgefertigt.

Auf den letzten 20 Kilometer bis Shkodra sputen wir uns etwas, wir wollen noch vor Sonnenuntergang ankommen. Letztendlich gelingt es uns auch. Aber wir haben auch einen Pausentag nötig. Am folgenden Tag regnet es und wir nutzen die Zeit, uns zu erholen. Am späten Nachmittag machen wir dann noch bei einer Free Walking Tour mit, eine gute Einführung in die Stadt und Albanien. Shkodra ist auch bekannt als Fahrradstadt in Albanien und bei der Tour lernen wir auch warum. Im 18 Jahrhundert war Shkodra Regierungssitz und einige Länder hatten dort auch Botschaften. In der Zeit war die Stadt durch Handel und Kultur relativ reich. Es waren wohl Gesandte und Angehörige der Niederländischen Depandance, die mit dem Fahrrad durch die Stadt fuhren. Die Shkodraner fanden das gut, konnten sich auch Fahrräder leisten und seitdem wird dort Fahrrad gefahren. Und Fahrräder sind dort tatsächlich die Könige/Königinnen der Straße, dürfen sich Alles erlauben. Autofahrer sind hier besonders Rücksichtsvoll. Das ist auch notwendig, wenn die alten Herren gemächlich durch die Straßen wackeln.

Eigentlich haben wir in überall in Albanien gute Erfahrungen mit Autofahrern gemacht, sie haben in der überwiegenden Mehrheit einen großen Bogen um uns gemacht, sind langsamer geworden. Natürlich gibt es immer auch Ausnahmen.

Wir haben noch Zeit, bis unser Rückflug von Tirane geht. Wir müssen uns entscheiden, ob wir nochmal durch die Berge fahren und eine Tour de force machen wollen, oder es etwas gemütlicher angehen lassen. Wir entscheiden uns für die gemütliche Variante und fahren von Shkodra ans Meer nach Tale. Bei einer netten Familie haben wir ein kleines Apartment mit Kochnische. Zur Begrüßung bekommen wir einen Kaffee und später am Abend frisch gekochte Maronen. Das Meer ist noch warm, wird aber mit aufkommenden Wind zunehmend wilder. Ein kleines Vogelschutzgebiet ist auch in der Nähe, leider gibt es keinen Aussichtsturm und auch sonst finden wir keine Möglichkeit, Vögel in dem Gebiet zu beobachten. Und auch dort zeigt sich, was uns überall in Albanien auffällt: das Land ist total vermüllt, überall liegt Dreck, Plastikflaschen, gibt es wilde Müllkippen. Wilde Müllkippen hatten wir auch schon in Kroatien und Montenegro viel zu häufig gesehen, in Albanien sind es deutlich mehr. Wo wir waren gab es kaum einen Flecken Natur, der ohne Müll war.

Von Tale fahren wir in die Bergstadt Kruje auf 600 Höhenmeter. In einer kleinen Stadt auf dem Weg, machen wir Mittagspause auf einem kleinen Platz. Nach Käsebrot und Gurke ist uns noch nach etwas Süßem. In der Nähe ist eine Pasticheria. Sie haben aber nur Torten, aber, so wird uns gesagt, wenn wir uns zu ihm setzten, könnte er uns was geben. Also rollen wir unsere Fahrräder zu seinem Laden. Auf einen kleinen Teller packt er uns zwei Stück „Tres Leche“. Wir sagen, dass uns das reicht und er meint nur, nein, nein und packt noch zwei Stück auf einen weiteren Teller. Wir genießen die reichhaltige Süßspeise, holen uns noch einen Kaffe von der Bar gegenüber, bzw, er wird uns von dort gebracht, selber holen, dürfen wir nicht. Satt und zufrieden wollen wir zahlen, dürfen wir aber nicht. „Tres Leche“ ist seine Spezialität und er freut sich uns einladen zu dürfen. Ob wir noch Ricottabörek haben wollten. Wollen wir, aber auch die dürfen wir nicht bezahlen. Dankbar und Glücklich über so viel Freundlichkeit treten wir in die Pedale und arbeiten einige der Kalorien wieder ab.

Pausenplatz

Der Anstieg ist wieder eine Herausforderung, die wir aber letztendlich meistern. Diesmal haben wir ein Zimmer im Haus einer Familie. Wieder werden wir sehr herzlich aufgenommen. Der Ausblick vom Zimmer und Terrasse über das Flachland ist fantastisch, wir sehen sogar Tirana und seinen Flughafen.

Von hier sind es nur noch etwa 40 Kilometer nach Tirana, unser letzten Station. Dort haben wir uns etwas Zeit gelassen, müssen wir doch noch unsere Fahrräder flugtauglich machen. Das ist letztendlich kein großes Problem, ein Fahrradladen um die Ecke unserer Ferienwohnung verpackt die Fahrräder sogar. Dort stehen sie nun in Pappkartons, unser Gepäck ist gepackt und verzurrt. Das Ende unserer Fahrradreise. Das fühlt sich komisch an und wir müssen uns noch daran gewöhnen.

In 128 Tagen sind wir knapp 7500 Kilometer gefahren (genau 7469km).

Aber es warten ja noch andere Abenteuer auf uns. Ab November werden wir drei Wochen in Griechenland bei der Olivenernte helfen. Den Hof von Athena auf Kefalonia haben wir über WWOOF (Willing Workers on Organic Farms) gefunden. Anschließend werden wir die Peloponnes bereisen, diesmal aber mit einem Mietauto. Wir werden berichten.

Views: 142