
Pässe, Schafe und Regen
Es ist eine ganz neue Reise, vieles, was zur Gewohnheit, manchmal fast schon selbstverständlich geworden war, wie etwa das zweite Frühstück aus Croissant und Pain aux Chocolat, gilt nicht mehr und wir müssen uns umorientieren.
Zum Glück haben wir einen sanften Einstieg in dieses neue, unbekannt Großbritannien, wir wohnen ein paar Tage in Pool bei meiner Kollegin Sharon, ihrem Mann Richard und Sohn Dylan und können uns an den Linksverkehr langsam gewöhnen. Schon bei unserem ersten Fahrradausflug ist klar, hier läuft es anders. Nicht nur die Straßenseite ist eine Andere, auch der Verkehr ist weniger Rücksichtsvoll und es gibt sehr viel mehr Hügel. Bei super Wetter genießen wir den nahen Strand, machen einen Ausflug zu Corf Castle, das William der Eroberer hier gebaut hatte und besuchen Old Harry‘s Rocks, beeindruckende Kreidefelsen im Meer.











Nach der kurzen Erholung und dem wohltuenden Familienalltag geht es weiter mit dem Zug nach Lancaster. Dafür müssen wir in London umsteigen und den Bahnhof wechseln. Mit dem Fahrrad queren wir die Innenstadt, brauchen etwas, uns zu orientieren und Euston Station zu finden, aber es gelingt uns.


Die Zugfahrten mit den Rädern ist weit unkomplizierter als befürchtet. In Lancaster bleiben wir eine Nacht, leider an einer stark befahrenen Straße, treffen Bettina und Iain, die für den IFAW gelegentlich übersetzen und denen wir dankenswerterweise unsere Wanderschuhe schicken konnten.


Dann geht es endlich los mit dem Radfahren. Wir stellen schnell fest, die Ausschilderung ist nicht so einheitlich und nicht immer so offensichtlich, wie wir es aus Frankreich gewohnt sind. Und viele Fahrradstrecken führen entlang Straßen, meist kleineren, aber durchaus auch größeren. Mit den Autos auf einer Straße zu fahren, ohne eigenen Fahrradstreifen, ist anstrengend. Am ersten Tag fahren wir nicht weit, gerade mal 31 km bis Silverdale mit einem wunderschönen Campingplatz am Meer.






Wir wollen ja in den Lake District, also geht es am nächsten Tag weiter, über die Hügel Englands. Schon am Vormittag, bei einer Pause an einem Dorfladen werden wir eingeladen im Garten zu zelten. Das ist uns aber noch zu früh, also geht es bei Sonne weiter über kleine Straßen, eingerahmt von hohen Hecken. Eine ähnliche Route nimmt ein anderer Radreisender, mit dem wir ins Gespräch kommen. Sein Projekt seit einigen Jahren, ist die Umrundung von Großbritannien entlang der Küste. Er hat es fast geschafft und wir legen ihm Frankreich als nächstes Ziel ans Herz.



Wir steuern einen Campingplatz an, der nicht zu weit im Lake District ist, um die Berge zu vermeiden. Am Nachmittag schlägt das Wetter allmählich um. Bei einer Verschnaufpause kommen wir ins Gespräch mit einem Bauern, der uns sagt, dass auf dem Campingplatz ein Festival ist und es dort wohl keinen Platz mehr für uns geben wird. Er empfiehlt uns weiter zu fahren nach Hawkshead, dort müsste es noch was geben. Wir sind schon ziemlich erschöpft und hoffen, dass er uns ein Plätzchen anbietet, er hat selber in Deutschland Radtouren gemacht, aber das Angebot bleibt aus. Also treten wir weiter in die Pedalen bei einsetzendem Regen. Nun hoffen wir auf eine Jugendherberge, aber auch sie liegt hinter einigen hohen Hügeln.

Völlig durchnässt erreichen wir die Jugendherberge. Leider haben sie keinen Platz für uns und unser Zelt dürfen wir auch nicht in ihrem Garten aufstellen. Am anderen Ende des Dorfs hat eine Farm einen Campingplatz, zu dem wir uns im Dauerregen kämpfen. Als wir einbiegen springt uns ein Schild an „Sorry, Site is Full“. Wir gehen dennoch zur Rezeption und haben Glück, wir dürfen unser Zelt aufstellen. Da wir in den Bergen sind, beschließen wir, drei Nächte zu bleiben. Hawkshead erweist sich als nettes kleines Dörfchen mit Laden und es gibt einige schöne Wanderungen in der Umgebung. Die Pause vom Radfahren tut uns gut, auch wenn wir gerade erst angefangen haben. Wir genießen kleinere Wanderungen in der Umgebung.

















Schließlich geht es weiter, wir haben die Wahl zwischen vielen kleinen Aufstiegen und einer längeren Tour oder zwei großen Aufstiegen und gerade mal 23 km bis zu unserem nächsten Ziel. Wir entscheiden uns für die kurze Variante. Es geht in die Berge über zwei Pässe, beide sind 393m hoch und über ein Hochtal verbunden. Auf etwa 78m Höhe beginnen wir. Schon beim Einstieg in die Passstraße werden wir gewarnt, dass es Steigungen von bis zu 30% geben könnte. Unbeirrt fahren wir weiter, mit grandiosen Aussichten. Immer wieder halten wir in Haltebuchten an, um die Autos vorbei zu lassen. Und dann ist der Aufstieg zum ersten Pass da. Zum Glück haben wir es nicht eilig, machen immer wieder Pausen, um wieder zu Atem zu kommen und die Landschaft zu betrachten. Wenn es gar nicht anders geht, schieben wir zu zweit ein Rad. Zwei Rennradfahrer kommen uns entgegen. Sie fragen, ob sie ein Bild von uns machen dürften, wir wären schon bekannt. Sie dachten, sie wären verrückt, die Pässe anzugehen, aber wir mit unserem Gepäck ließen sie als Schwächlinge aussehen. Noch einige Autofahrer teilen uns ihre Bewunderung mit und wir zweifeln daran, wie schlau unser Plan war.
Am Straßenrand sind besonders bei den steilen Stücken auch immer Schafe, die uns geduldig, aufmunternd und verwundert ansehen. Manche feuern uns mit enthusiastischen Geblöke an. Lustigerweise hilft das tatsächlich.





Im Hochtal weht ein schneidender Wind und nur im Schutz einer Mauer können wir Mittag essen und etwas ausruhen Bevor wir den zweiten Aufstieg angehen. Die beeindruckende Ausblicke und es letztendlich geschafft zu haben entschädigen für die Mühen. Wir haben viel Zeit die Ausblicke zu genießen. Und auch skurriles gibt es. Beim Aufstieg zum zweiten Pass sehen wir zwei Tiefflieger, die auf etwa gleicher Höhe mit uns durchs Tal zischen, es fühlt sich an wie aus einem Film.




In der Jugendherberge bei Eskdale machen wir Pause, um die Umgebung zu erkunden und den angekündigten Regentag auszusitzen bevor es weiter Richtung Schottland und weiteren Abenteuern geht.

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Hi folks! Bewundere Euren Mut auf den Straßen mit Euren vollbepackten Rädern unterwegs zu sein. Lake District war eine meiner Lieblingsecken. Traumhaft nur leider immer mit viel Tegen verbunden. Kann mir vorstellen, das die Engländer Euch für crazy halten. Weiterhin viel Spaß und gutes Gelingen
Das lustige ist ja, dass ich immer fahre die Briten machen crazy Sachen und jetzt selber dafür gehalten zu werden.
Danke für die guten Wünsche, wir berichten weiter.
Halleluja, Wunderschön, malerisch.
Das sind tolle Bilder. Ich bin sehr gespannt wie es weiter geht.
Viele Grüße, Heike
Danke, bald gibt es zu lesen, wie es uns in der Zwischenzeit ergangen ist. Danke, das du unseren Weg weiter verfolgst.
Ich glaube da habt ihr eure Grenzen ausgetestet. Die Abfahrten von den Pässen war sicher auch nicht ohne mit den vollbepackten Rädern. Aber die Aussicht hat euch ja entschädigt. Gute Reise nach Schottland.
Durch den Lake District bin ich vor Jahren mehrere Wochen gewandert – wunderschön!. Eure Fotos von dort haben viele tolle Erinnerungen daran geweckt 🙂
Euch viel Spaß weiterhin!
Danke für dein anhaltendes Interesse und es freut uns für Erinnerungen geweckt zu haben. Ich schätze Mal, das sich in Bezug auf Infrastruktur einiges getan hat.